„Irgendwann 20 Jahre clean sein? Das schaffe ich.“

Zum Welttag für psychische Gesundheit: Assistenz in der Sozialpsychiatrie von F&W begleitet Klient:innen mit Suchterkrankung
10. Oktober 2025
Hände halten einen bunten Ball

Ein echtes Zuhause – das hat Anne J.* in einem Wohnhaus von Fördern & Wohnen (F&W) gefunden. Seit 2020 wohnt sie hier. Assistenzkräfte von Fördern & Wohnen begleiten sie im Alltag.

Anne floh vor Misshandlung und Gewalt durch ihren Ex-Partner. 14 Jahre lebte die heute 57-Jährige auf der Straße. Dort kam sie zu den Drogen. „Ich mochte, dass ich nichts mehr gespürt habe.“ Sie konsumierte verschiedene Stoffe. Zeitweilig kam sie in Wohngruppen oder Übernachtungsstätten unter, bis sie wieder Drogen nahm. Aber sie wollte gesund werden. 

Eine Ärztin verwies sie ins Sozialtherapeutische Zentrum Sachsenwaldau, Reinbek, von F&W. „Das hat mir gut gefallen: Die Landschaft, die Tiere, die Arbeit. Dann wollte ich auf eigenen Beinen stehen.“ Die Mitarbeitenden vermittelten sie in das Wohnhaus in Hamburg. Hier mietet sie ein Apartment an. 

Arbeit im Treff und Beirat 

Dreimal in der Woche arbeitet Anne im Treffpunkt Kaskadenpark von F&W. Sie bereitet Abendessen zu und backt. „Man nennt mich die Kuchenqueen“, sagt sie lachend. Sonntags öffnet sie den Treffpunkt: ohne pädagogische Begleitung. Sie verkauft Essen und sorgt für Ordnung. 

Die Arbeit im Rahmen einer Motivationszuwendung ist für Anne J. genau die Richtige. „Der Unterschied zwischen dem ersten Arbeitsmarkt und dem Treff ist: Das Team hat Verständnis, wenn die Klient:innen nicht können, wenn sie Suchtdruck haben“, sagt F&W-Mitarbeiterin Cara Tarasin. „Frau J. hat auf der Straße gelebt. Man kann sich nicht in wenigen Jahren so stabilisieren, als hätte man das nicht erlebt.“ 

Anne ist auch stellvertretende Vorsitzende im Mieter-Beirat. „Wir sind für die anderen Klienten zuständig: Wenn sie unzufrieden sind oder nicht weiterkommen, berichten sie uns davon. Wir versuchen, das in Ordnung zu bringen.“

Sucht und psychische Erkrankung 

F&W begleitet Personen mit stoffgebundenen und nicht-stoffgebundenen Süchten, wie Mediensucht. Eine psychiatrische Diagnose ist Voraussetzung, um Assistenz in Anspruch nehmen zu können.

Mit dem Amt für Soziales hat F&W eine Leistungsvereinbarung für das Angebot ASP-Sucht geschlossen. Tarasin sagt: „Auf diese Weise können wir mehr Menschen ambulant begleiten. Längst nicht alle Menschen mit einer Suchterkrankung sind in stationärer Behandlung richtig.“ 

Für Anne ist es heute noch schwer, ohne Drogen zu leben. „Ich versuche, damit umzugehen.“ Einen Rückfall hatte sie noch nicht, seitdem sie bei F&W wohnt. „Der Suchtdruck ist da, aber sie hat es geschafft, nicht nachzugeben. Das ist ordentlich Arbeit“, sagt Tarasin. Ein Rückfall würde ihre Assistenzleistung nicht gefährden. Die Assistenzkräfte arbeiten damit.

Gruppe vermittelt Skills 

Wenn der Druck stärker wird, brauchen Menschen wie Anne schnelle Hilfe. Die Gruppe „Skills gegen Suchtdruck“ (SgS) bietet die Möglichkeit, gemeinsam gegen den Suchtdruck anzugehen. Die pädagogische Mitarbeiterin Regina Hostert-Weisheit leitet die Gruppe. „Unter Skills verstehen wir Übungen, um Stress abzubauen oder sich davon zu distanzieren“, schildert sie. „Bei Achtsamkeits-Übungen lernen wir, aufmerksam zu sein. Wir treten innerlich einen Schritt zurück und haben wieder den Freiraum, selbst entscheiden zu können.“

Die Gruppe findet donnerstags von 10:00 – 11:15 Uhr im Kaskadenpark 27 statt. Um Anmeldung per Telefon oder per E-Mail wird gebeten.

Treffpunkt steht Nachbarschaft offen 

Im Treffpunkt sind alle im Stadtteil willkommen: vom Sonntagscafé bis zur Kreativgruppe. Manche Angebote richten sich nur an Klient:innen von F&W. 

*Name geändert

Mehr zum Treffpunkt Kaskadenpark