Spielzeit an einem sicheren Ort
We like to…move it! Daniel Sinani (l.) und Mathias Pereira Lage vom FC St. Pauli bei der Spiel-Session mit geflüchteten Kindern
„Und jetzt … Popcorn!“, ruft Daniel, geht in die Knie und zählt herunter. 20 Kinder umkreisen den ehrenamtlichen TeamUp-Moderator im kinderfreundlichen Raum der Erstaufnahme Schmiedekoppel. Sie reiben ihre Handflächen aneinander und lassen ein unsichtbares Popcorn mit einem Klatschen platzen.
Spiele für Kinder – um wieder Kind zu sein
„Popcorn“ ist eins vieler Spiele, die Kinder in der Einrichtung für Asylsuchende zum Lachen bringen. Die wöchentliche TeamUp-Session richtet sich an 6 bis 17-jährige Kinder, die hier unterkommen.
An diesem Tag stehen 2 Erwachsene im Spielkreis, die sonst nicht dabei sind: Daniel Sinani und Mathias Pereira Lage vom FC St. Pauli. Der Fußballverein unterstützt War Child und hilft, TeamUp bekannter zu machen. Zusammen mit 3 Moderator:innen von der Organisation War Child sind sie heute in der Unterkunft zu Gast und bieten den Kids Spiel, Bewegung und Musik.
„Spielen? Tanzen? No problem“, lacht der 28-Jährige Sinani. „I’m ready“, bestätigt sein Teamkollege. Die Fußballprofis steigen sofort ein. Zum Start wird die Box aufgedreht. Musik ist das Erkennungszeichen für die Kinder, die schnell Richtung kinderfreundlicher Raum flitzen.
Pereira schreibt Autogramme und wird von Kindern umringt.
Evaluiertes Programm für geflüchtete Kinder
Klatschen, Reifen tragen, Hüpfspiele, jonglieren, und nicht zuletzt „Popcorn“: Die 60 Minuten sind laut, fröhlich, energiegeladen. Schnell zieht Fußballer Sinani, Stürmer des FC St. Pauli, seine Jacke aus. „Come as you are“ steht auf seinem Shirt.
Stolz zeigt ein Kind sein Autogramm.
So könnte auch das Motto von TeamUp lauten: TeamUp ist ein psychosoziales Programm für geflüchtete Kinder. Angeleitete Spiel- und Bewegungsaktivitäten, die Themen wie den Umgang mit Wut oder Stress behandeln, bieten eine leicht zugängliche Möglichkeit, Erlebnisse zu verarbeiten – und das ohne gemeinsame Sprache. „Wir wollen Kinder in und aus Kriegsgebieten unterstützen, ihren Empfindungen Raum zu geben und ihr Wohlbefinden zu stärken. Und einfach Kind zu sein“, erklärt Jan Grönewald, Manager Partnerschaften & Unternehmen War Child. Die Methode ist preisgekrönt und wird kontinuierlich evaluiert.
Inzwischen gibt es das Programm in 30 Ländern. In 5 Einrichtungen von F&W ist War Child seit 2022 vertreten. Die Erstaufnahme-Einrichtung in der Schmiedekoppel 30 mit 740 Bewohner:innen ist eine davon.
Ein Kind malt an der Tafel im kinderfreundlichen Raum.
Für Kinder können sich Ehrenamtliche auch an anderen Standorten von F&W einbringen. „Freiwillige schenken den Kindern ein Stück Normalität, Geborgenheit und Freude. Durch Spielen, Lernen und Zuhören können wir das Miteinander stärken und Kindern das Ankommen erleichtern“, so Niklas Kubitzky, Freiwilligenkoordinator der Erstaufnahmen. Alle Gesuche gibt es hier.
Heute gibt es insgesamt 19 kinderfreundliche Räume bei Fördern & Wohnen. 24 Wohnunterkünfte profitieren davon, denn manche Räume können von nebeneinanderliegenden Standorten genutzt werden.
Die Teams der Unterkünfte können die Räume einrichten – orientiert an dem, was ihre Bewohner:innen brauchen und befürworten. In Kooperation mit Jugendhilfe-Trägern finden in den Räumen pädagogische Angebote für Kinder von 0 bis 13 Jahren statt. Auch andere Organisationen können sie nutzen. Von Vorlesen über Theaterspielen bis hin zu elternbezogenen Themen findet hier alles Platz.
Das Projekt wird größtenteils von der Sozialbehörde finanziert. Für die Betreuung des kinderfreundlichen Raums in der Erstaufnahme Schmiedekoppel erhält PLAN International Gelder von der Europäischen Union.
Machten „Popcorn“ mit den Händen: Daniel Sinani (l.) und Mathias Pereira Lage vom FC St. Pauli mit Daniel von WarChild
Mehr Unterstützer:innen gewinnen
Mit dem FC St. Pauli arbeitet War Child seit einiger Zeit zusammen. „Wir sind dem FC St. Pauli wirklich sehr dankbar für die tolle Unterstützung, um weitere Ehrenamtliche für TeamUp und Spender:innen für War Child zu finden“, so Grönewald. „Wir wollen das Programm ausweiten, da es in vielen Unterkünften großen Bedarf gibt.“
Grönewald macht klar: „Ein Kind aus dem Krieg herauszuholen, ist das eine. Den Krieg aus dem Kind zu holen, das andere.“ Die Profispieler sind im Spiel angekommen. „Für einen Moment war ich wieder ein Kind“, sagt Sinani zum Abschluss und zieht sich seine Jacke wieder an.