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Gedenken zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus

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In Farmsen nahmen rund 60 Menschen teil

Am Abend des 7. Mai konnten sich Interessierte in Farmsen darüber informieren, wie der Nationalsozialismus die öffentliche Fürsorge in ein Zwangssystem verkehrte

Keine Befreiung für Insass:innen des Versorgungsheims

Als die Alliierten am Ende des 2. Weltkriegs das nationalsozialistische Regime in Hamburg beendeten, war die Erleichterung der Bevölkerung groß. Doch nicht alle Menschen erlebten den 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung: Für die Insass:innen des städtischen Versorgungsheims in Farmsen änderte sich nichts. Wer hier in der NS-Zeit eingesperrt war, Zwangsarbeit verrichten musste, zwangssteriliert wurde, blieb eingesperrt bis weit in die Nachkriegszeit.

Wie konnte das sein? Wer trug die Verantwortung dafür? Wie war das Leben im Farmsener Versorgungsheim während der NS-Zeit? Davon wollten sich am Abend des 7. Mai rund 60 Interessierte ein Bild machen. Fördern & Wohnen hatte zusammen mit dem Arbeitskreis „Gedenkort für die Opfer des NS in den Hamburger Wohlfahrtsanstalten“ zu einem Rundgang über das Gelände des ehemaligen Versorgungsheims und einem anschließenden Vortrag eingeladen. 

Gedenkort im Wasserturm geplant

Hans-Joachim Klier, ehemals Vorsitzender der Bezirksversammlung Wandsbek, führte über das Grundstück, auf dem sich heute verschiedene soziale Einrichtungen und Wohnhäuser befinden. Die Gäste der Veranstaltung konnten nachvollziehen, wo sich früher stacheldrahtbewehrter Zaun und eine streng bewachte Pforte befanden. Klier erläuterte auch, welche Art von Gedenkort im denkmalgeschützten, sanierungsbedürftigen Wasserturm vorgesehen ist, der das Zentrum des Geländes bildet. Hier soll künftig an die Opfer des Nationalsozialismus in allen Hamburger Wohlfahrtseinrichtungen erinnert werden.

Netzwerke von NSDAP-treuen Akteur:innen

Stefan Romey, Vorsitzender der Hamburger Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte, erläuterte im Anschluss an den Rundgang anhand von Täterbiografien, wie sehr die staatliche Wohlfahrt zwischen 1933 und 1945 – aber auch danach – von menschenverachtenden Einstellungen durchdrungen war. Netzwerke von NSDAP-treuen Akteur:innen der staatlichen Fürsorge setzten eine menschenverachtende Ideologie in Taten um.

Im Farmsener Versorgungsheim waren Menschen interniert, deren Lebenswandel als schädlich betrachtet wurde: Obdachlose, Sexarbeiterinnen, Kleinkriminelle und auch Menschen, die einfach nur unangepasst lebten. Als „Unwirtschaftliche“, „Arbeitsscheue“ und „Asoziale“ wurden sie diffamiert und zu Arbeit gezwungen. Wer sich auflehnte, lief Gefahr, in eine Tötungsanstalt überführt zu werden.

Nach dem Krieg setzte sich diese Entwürdigung fort: Bei der Entschädigung wurden bestimmte Opfergruppen nicht als entschädigungswürdig anerkannt. Die Betroffenen lebten in Armut und in Angst vor den staatlichen Institutionen. Fast alle, die als Amtsträger:innen in den Wohlfahrtsinstitutionen während der NS-Zeit aktiv waren, setzten ihre Karrieren hingegen nach dem Krieg unbehelligt fort.

„Wir können das Geschehene nicht ändern. Aber wir können dafür eintreten, dass es sich nicht wiederholt“, so Stefan Romeys Appell am 7. Mai. Der Applaus seiner Zuhörer:innen hielt lange an.

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Der alte Wasserturm
Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung

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