Fördern und Wohnen
Sie sind hier:

Kein Mensch ist asozial – Erinnern an Insass:innen des Versorgungsheims Farmsen

| Presse

Fünf Porträts in Schwarzweiß, überlebensgroß. Sanft bewegen sie sich im Wind. Passanten bleiben stehen an der August-Krogmann-Straße 100 in Farmsen. Wer sind die drei Frauen und zwei Männer, deren Bilder hier seit heute in mächtigen alten Bäumen auf dem Gelände des ehemaligen Versorgungsheims Farmsen befestigt sind?

Erna Nakoinzer, Willy Griem, Elsa Steinhoff, Willy Böhme und Frieda Alt sind ihre Namen. Sie waren im Versorgungsheim eingesperrt, wurden entmündigt, mussten Zwangsarbeit verrichten – während der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch bis weit nach dem Krieg. Sie sind Opfer einer Zeit, in der unangepasst lebende Menschen als „asozial“ diffamiert und entrechtet wurden. Sie sind Opfer einer staatlichen Wohlfahrt, die Zwang statt Menschlichkeit walten ließ.

Einweihung unter großem Interesse

Die fünf Exponate im Freien verstehen sich als „Temporäre Intervention“. Heute wurde sie im Beisein von Thomas Ritzenhoff, Leiter des Bezirksamtes Wandsbek, André Schneider, Vorsitzender der Bezirksversammlung Wandsbek, und Michael Klahn, Leiter des Amtes für Soziales und Integration in der Sozialbehörde, eröffnet. Rund 50 Interessierte folgten einem Rundgang von Porträt zu Porträt. An jeder Station wurde die Kurzbiografie der abgebildeten Person vorgelesen – teils von Menschen, die heute auf dem Gelände wohnen oder arbeiten.

Bis Ende Oktober werden die Bilder zu sehen sein. Ein QR-Code auf jedem Bild führt zu einer Kurzbiografie im Portal gedenkstaetten-in-hamburg.de. Die Ausstellung widmet sich einer Opfergruppe, die lange Zeit wenig Aufmerksamkeit fand. Kuratorin ist die Hamburger Historikerin Frauke Steinhäuser. Die Bezirksversammlung Wandsbek hat die Ausstellung finanziell gefördert.

Nach vorne schauen – und Erinnerung erhalten

Wer heute auf das Gelände des ehemaligen Versorgungsheims kommt, kann sich kaum vorstellen, dass hier einmal Zäune, Stacheldraht und Wachposten herrschten. Staatliche Wohlfahrt dient heute der Teilhabe von Menschen, stiftet Verbindungen, schafft Sozialräume. So ist es auch an der August-Krogmann-Straße: Ein freundliches Seniorenheim, Wohngruppen und moderne Apartments für Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie frisch gebaute Wohnungen für eintausend Mieter prägen das Bild.

„Dieser Campus hat sich sehr zum Guten gewandelt“, sagt Dr. Arne Nilsson, Sprecher der Geschäftsführung des städtischen Sozialunternehmens Fördern & Wohnen, dem weite Teile des Areals gehören. „Die Erinnerung an das Unrecht, das hier früher geschah, wollen wir aber wach halten. Wir wollen der Menschen, die hier gelitten haben, gedenken.“

Dauerhafter Gedenkort in Planung

Fördern & Wohnen sieht sich als Rechtsnachfolger des Versorgungsheims. Gemeinsam mit Pflegen & Wohnen Hamburg, dem ehemals städtischen, heute privaten Träger des Seniorenheims vor Ort, und der Sozialbehörde will man einen dauerhaften Gedenkort in Farmsen schaffen. „Bis dieser baulich verwirklicht werden kann, wird noch etwas Zeit vergehen,“ so Nilsson. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass die Temporäre Intervention heute ein Zeichen setzt.“

Mehr erfahren: Kein Mensch ist asozial. Erinnerungen an vergessene Opfer des NS in Farmsen

Aufnahme eines Porträts, das im Freien angebracht ist

Allgemeine Kontaktdaten Fördern und Wohnen

  • Susanne Schwendtke, Pressesprecherin
    Heidenkampsweg 98
    20097 Hamburg
  • 040 428 35 33 45
  • 040 428 35 35 84